Es ist keine Revolution – es ist ein Zurückweichen





































Im Grunde wollte ich zu diesem Thema "US"-Wahl gar nichts bloggen. Die Impulsreaktionen sind längst via Twitter raus und binnen eines Tages haben alle Lager, alles von wirklich allen Seiten beleuchtet. Nun sind die einen noch immer geschockt, die anderen jubeln noch immer und wieder andere schütteln noch immer den Kopf über die geringe Selbstachtung von Trumps Wählerschaft, die im Falle von Latinos oder Frauen offen ihren Masochismus zur Schau gestellt hat.

Man kann sich wahrscheinlich noch 100 Jahre darüber wundern, dass enttäuschte Menschen gegen das weiße Establishment rebellieren wollen, und dies ausgerechnet damit versuchen, indem sie dann genau jene, wohl fieseste Gallionsfigur des weißen Establishments, einen egomanen Milliardär, an die Spitze ihres Landes wählen. Muss man nicht verstehen, ist aber Fakt.

Gesunden Verstandes würde man den meisten Menschen objektiv zutrauen, einen Sexisten zu erkennen, wenn er sich selbst nicht einmal versteckt. Auch sollte man meinen, einen offenkundigen Rassisten, würde die große Mehrheit im Jahre 2016 aussortieren. Nun kann man natürlich Herrn Freud bemühen, und seine Wähler als seine scheinbaren Gesinnungsgenossen darstellen, denen es eventuell sogar imponiert, dass endlich mal wieder ein Mann, ein ganzer Kerl, die Sachen sagt, die man selber gerne sagen würde, die Sachen macht, die man selber gerne machen möchte. Cheauvinismus olé! Kann man machen, wäre aber billig *hüstel*.

Das was mich aber eigentlich umtreibt, ist etwas ganz anderes. Und daher habe ich mich auch umentschieden und schreibe eben doch diesen Blog.

Mich fasziniert bei der ganzen Sache zum einen das - aus populistischer Sicht sicherlich logisch begründete - Selbstverständnis der rechten Parteien Europas, die heute sofort ihre braunen Fähnchen empor gerissen haben, um dem neuen Heilland, pardon Heiland zu huldigen, immer in der glühenden Gewissheit, sich selbst ebenfalls alsbald in Amt und Würden und Macht zu sehen. Das Abstoßende dabei ist vor allem dieser tumbe wie erfundene Irrglaube, dass nun die etablierte Politik sowie die etablierten Medien komplett abgestraft wurden und versagt hätten. Wie, zur verfickten Hölle, kommt Ihr kleinen Jammerlappen darauf, dass solche Dinge wahr werden, nur weil man sie ständig wiederholt?! Der Journalismus in diesem Land, ist einer der Garanten für unsere Demokratie. Oh stimmt ja, Demokratie mögt Ihr ja nur, solange das rechte Stimmvieh für Euch kreuzt.

Und hier ist der Punkt, den ich unglaublich spannend wie gleichermaßen irritierend finde. Hier wähnt sich eine Gruppe von Menschen, enttäuscht die einen, machthungrig die anderen, als Revolutionäre. Die AfD, der Front Nationale, sollen sie heißen wie sie wollen, es gibt sie in allen demokratischen Ländern. Sie alle tragen die seltsame Mär einer Revolution gegen "die da oben" vor sich her und überrollen damit all jene, die in unserem Fall, in einem der freiesten und wohlhabendsten Länder der Welt leben, gleichzeitig aber scheinbar wenig in ihrem Ego gestreichelt werden, ein klein wenig in der öffentlichen Sonne zu stehen. Bisher dachte ich immer, RTL II und Co. würden sich ausreichend um dieses Klientel kümmern - und schon während ich das schreibe, höre ich die Stimmen der Aluhutträger und Verschwörungstheoretiker da Wort "Elite" tuscheln und das Stroh für die Scheiterhaufen sammeln.

Leute, es ist keine Revolution, die Ihr da unterstützt!
Es ist ein schlichtes Wegrennen, ein Zurückweichen vor der Freiheit die unsere Zeit Euch bieten könnte.
Es ist ein Straucheln, ein Wanken.
Es ist ein wehklagendes "Mimimi" des sich zurück in den schützenden Bauch von Mami, respektive zurück in klare Rollenbilder der verdrucksten und verklemmten 50er und 60er Jahre, wünschenden Klientels all jener, die der Menschheit im Jahre 2016 erzählen möchten, dass wir Trennungen brauchen.
Es ist der seltsame, anachronistische Wunsch, dass wir Unterschiede machen müssen mit Abgrenzungen zwischen Homo- und Heterosexuellen, zwischen Schwarzen und Weißen, zwischen Männern und Frauen, zwischen Einheimischen und Fremden. Etwas, das wir doch längst überwunden haben sollten. Neandertal rulet nicht mehr, Kinder.
Es ist das bloße Zurschaustellen von Angst vor allem was Ihr nicht kennt.
Es ist in kaum noch zu übertreffendem Maße peinlich.

Und was treibt diese Menschen, die sich das Gestern zurück wünschen? Sie alle treibt Angst. Es ist die nackte Angst. Und die ist niemals rational. Wir alle scheinen unseren Anteil daran zu haben, dass so viel Menschen unter uns leben, deren Leben von Angst bestimmt wird. Und der Verstand sagt mir, wir müssen diese Verzweifelten, so sie es denn sind, irgendwie abholen.

Aber ganz ehrlich – ich bin nicht bereit für diesen Escort-Service in die Zukunft den Preis zu zahlen, der da heißt: Rassismus, Cheauvinismus, Sexismus.    

Ach so, bevor ich es vergesse ... warum blogge ich denn überhaupt entgegen meines ersten Impulses etwas zu diesem Themenkomplex? Das ist so simpel, wie die Meinungen der Populisten: ich werde Euch nicht das Feld der Meinungsbildung überlassen, niemals! Und Trump ist halt da. Selbst Schuld.


0 Kommentare: