Unerträgliche Menschen
Crowdfunding — Chance für Indie-Bands? Ein Interview mit Markus Sänger von »Porter«
Im Original erschienen am 24. September 2012 von Jürgen Wiese für SnowInSoho.de, nachzulesen Interview mit SnowInSoho.
Hintergrund
Interview mit Markus Sänger, Schlagzeuger der Band “Porter”
Markus, warum habt ihr euch ausgerechnet startnext und nicht beispielsweise Kickstarter oder Sellaband als Plattform für euer Projekt ausgesucht?
Nun, eine Bekannte von mir wies mich auf die Plattform hin. Ich habe mich dort ein wenig umgesehen und die Funktionen mit einigen anderen Plattformen verglichen. Letztlich war es wohl auch ausschlaggebend, dass sich der TV-Sender ARTE dort engagiert und mit seinem guten Namen dahintersteht. Das erschien mir vertrauenswürdig genug.Außerdem hat sich die Plattform insbesondere bei den kreativen und kulturellen Projekten einen guten Ruf erarbeitet. Das war mir wichtig. Wenn du dann noch siehst, wie du dich selbst -- als Projekteigner -- nackig machen musst, um ein Konto bei der Fidor-Bank zur Abwicklung der Zahlungen einzurichten, dann hat das auch meine Sorgen beseitigt. Alles wirkt sehr professionell und seriös.
Welche Erfahrungen hinsichtlich der Bedienbarkeit der Plattform hast du gemacht?
Da ich selbst als öffentliches Wesen transparent auf den diversen Blogging-Plattformen im Netz unterwegs (z.B. ganz unprätentiös als @derherrgottbei Twitter) und dazu noch gelernter Grafiker bin, fiel es mir nicht schwer, mich zurechtzufinden. Die Plattform unterstützt einen mit allen gängigen Hilfsmitteln bei der Erstellung der Projektseite ohne dabei zu viele Funktionen bereit zu stellen. Ein kurzes Promovideo war auch schnell produziert.
Sind die über 2.000 Euro eigentlich wirklich von “echten” Unterstützern und Fans gekommen, oder habt ihr -- oder Verwandte und Freunde -- selbst nachgeholfen?
Im Ernst? Wir hätten als Band vielleicht selbst was rein gegeben, wenn kurz vor Projektende noch etwas aufzufüllen gewesen wäre. Aber zum Glück stellte sich die Frage ja nicht. Interessanterweise waren es weniger die uns bekannten Fans oder Freunde, die unser Projekt mit ihrem Geld förderten. Gut zwei Drittel der Unterstützer kamen aus den Reihen unserer virtuellen Kontakte. Dadurch, dass wir viele unserer Songs und Cover-Arts unter einer Creative Commons Lizenz kostenfrei zum Download anbieten und wir auch nicht Mitglied der GEMA sind, sind wir in diesem Fall von den Blogger- und Twitter-Communities als “Good Guys” super unterstützt worden. Das hat uns einen echten Energieschub gegeben -- und auch neue “Real Life”-Kontakte ermöglicht.So begleitet Ulf, den ich via Twitter kennenlernte, uns inzwischen mit seiner Kamera. Er wird ein Film drehen über unser “Wolkenstein”-Projekt. Das ist etwas, worüber wir uns sehr freuen. Noch mehr freuen würden wir uns, wenn Ulf bei seinem Projekt -- welches auch via Crowdfunding finanziert werden soll, von euch allen mit unterstützt wird.
Glaubst du, dass Crowdfunding nur bei Musikern und Bands funktioniert?
Naja, Albumproduktionen von Musikern scheinen ganz gut zu funktionieren, Filmemacher haben es da sicher etwas schwerer. Wichtig ist, dass du Qualität und Engagement glaubhaft vermitteln kannst. Es wäre also gut, wenn potenzielle Geldgeber irgendwie einschätzen können, ob das Geld gut angelegt ist. Dabei spielt die Höhe der angelegten Summe gar keine große Rolle. Uns hat es auch hierbei sehr geholfen, dass wir unsere bisher produzierten Songs kostenfrei anbieten. So konnte jeder uns testen, bevor er sein Geld gab. Es ist also von Vorteil, wenn man schon etwas bekannter ist, schon eigene Fans hat und nicht mit dem Wunsch eines Debüt-Albums kommt. Ich stelle es mir sehr schwer vor, dann jemanden zu bewegen, Geld in den Hut zu legen.
Wenn ich meine eigenen Crowdfunding-Erfahrungen mit der Sängerin Kaye-Ree mal betrachte und dann höre, was du über euer Projekt zu sagen hast, dann stelle ich fest, dass Crowdfunding funktionieren kann, wenn du
- als Künstler auf eine bestehende Fanbase zurückgreifen kannst
- es gewohnt bist, für dich und deine Projekte auf allen möglichen Kanälen zu werben und
- am besten schon bestehendes Material vorlegen kannst, um deine Qualitäten zu zeigen
Warum? Wie meinst du das?
Nun ja, du darfst als Künstler die Plattform für die Abwicklung des Projektes nutzen, schickst aber selber -- aufgrund deiner Kontakte und deiner eigenen Reputation -- die Besucher auf die Plattform, die sich dort registrieren und ihr Geld lassen. Und an der Bereitstellung eines möglichst automatisierten Prozesses verdient der Crowdfunding-Anbieter so zwischen 5 und 10% der eingesetzten Gelder. Was bekommst du als Künstler für eine Gegenleistung?
Stimmt, jetzt wo du das sagst, fällt mir wieder ein, dass auch ich bei startnext angefragt habe, was man eigentlich tun müsste, um mal auf der Startseite des Portals angeteasert zu werden. Darauf habe ich leider bis heute keine Antwort bekommen.
Könntest du dir vorstellen, eine komplett eigene Lösung online anzubieten? Es gibt ja zum Beispiel wordpress Plugins wie Ignitiondeck, mit der du eine komplette Crowdfunding-Lösung out-of-the-box zur Integration in deinen Blog umsetzen kannst?
Ich bin mir nicht sicher. Es stimmt zwar, dass du als unbekannte Indie-Rockband wohl nur schwer Support über die Crowdfunding-Plattform bekommst, aber der gute Name der Plattform hilft dir sicher beim Sammeln des Geldes. Es ist ja auch eine Vertrauensfrage, die sich beim Fan stellt. Fließt das Geld in die richtigen Kanäle? Werden die richtigen Projekte unterstützt? Gibt es eine Art Kontrolle, dass sich Typen nicht nur einfach via Crowdfunding ihren nächsten Urlaub realisieren lassen? Bei all dem hilft dir sicher der Name und die Reputation der Plattform.
Alles in allem -- würdest du wieder eine Crowdfunding-Kampagne starten?
Ja sicher, warum nicht?
Nachklapper
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Dieses Angebot gilt für maximal 50 CDs im hochwertigen Design-Package.
Bestellt jetzt unter saenger(at)derherrgott(punkt)de oder schickt uns eine Nachricht auf unserer Facebook-Seite. Nicht zögern, zum einen sind wir keine so schlechten Musiker, zum anderen gelobe ich hiermit, dass das Geld zu 100% an Ulfs Projekt fließt. Diesen Deal wird keiner bereuen!
Bitte retweetet, teilt, leitet weiter – dieses Projekt ist kein Spaß.
Eure PORTERs
Die Eintagsfliege
Der Eintagsfliege Tag ging los - reaktionär mit einem Kloß
Im Halse steckend, ob der Bang - dass dieser Tag, würd nicht so lang
Sie hieb nun an, per Flügelschlag - determiniert auf diesen Tag
Dem Licht entgegen unumwunden - es blieben schließlich nur noch Stunden
Ihr Ziel war klar, doch was war dies - vor and'ren Fliegen war sie fies
Sie hatte hohe Kunst im Sinn - sie wollte mehr, "als was ich bin"
So tauchte sie den Rüssel tief - ins Tuschefässchen, das da schlief
Auf einem Blatt von Bütten plan - nun wollt' sie zeigen, was sie kann
Sie saugt und staut, sie zagt und doch - schießt Tinte aus dem Stachelloch
Ein feiner Strich bricht sich die Bahn - das Flieglein ist recht angetan
Von Formen und Struktur bestimmt - ist's was den Maler glücklich stimmt
Mit feucht facett'gen Augen merkt - der Künstler an: "dies ist mein Werk"
Wo Passpartouts und Rahmen dessen - was Kunst ist wären angemessen
Muss uns're Eintagsfliege seh'n - das Bild ist da, ich muss nun geh'n
Und biologisch brutalst möglich - macht die Natur, was ihr nur möglich
Sie schenkt dem Flieglein ihre Ruh' - und schließt dem Glück die Augen zu.
50 Kurze Tode - 1 großer Spaß
Gut dass Twitter nur 140 Zeichen zulässt ...
... ansonsten wäre uns wohl so manch eine Perle schlicht nicht in dieser Form erhalten geblieben.
Eine (meine) Kritik zum Buch
"50 kurze Tode" [Kindle Edition]
von Marcus Jüngling aka dem großartigen WestSideBloggerWer diese 50 durchaus morbiden, aber immer unterhaltsamen, wie intelligenten Minigeschichten nicht in einem Stück durchliest, KANN wahrscheinlich gar nicht lesen. Der Autor verknüpft hier den typischen, dank Twitter etablierten Ansatz, in wenigen Worten für jede Geschichte eine eigene, kleine aber durchaus komplexe Welt aufzubauen, mit einer Unmenge an Phantasie. Was dem geneigten Leser ins Auge fallen wird, ist die überproportionale Anzahl an Leichen aus dem Umfeld von Bankern und sonstigen Yuppies. Somit begibt sich der großartige Autor auch noch mit einem halben Fuß auf politisches oder zumindest gesellschaftskritisches Terrain.
Was am Ende der kurzweiligen Lektüre bleibt ist der Hunger nach mehr. Nach noch mehr Morden, voller Fantasie und Intelligenz. Und bei der ein oder anderen Geschichte, wird sich wohl ein jeder Leser ertappen, dass er dieses Gefühl, diesen Gedanken vielleicht schon einmal gehabt hat. Und man achtet in den Folgetagen des Buchgenusses doch arg auf das Verhalten seines direkten Umfeldes ...
Alle Daumen hoch, ein gezogener Hut und das freudige Zugaberufen eines Enthusiasmierten!