Die Freiheit der guten Tat

Einen Zugang zum eigenen Ich zu bekommen, einer gesättigten Masse gerecht werden wollend, angesichts auf einen hereinströmender Fluten, ist nahezu unmöglich - nimmt man das ursprüngliche Unterfangen aus Zeile eins derart ernst, wie man das zweitgenannte zu hassen bereit ist. Gab es auch zu allen Zeiten jene Gedanken, opferbereiten, ja im Wortsinne selbstlosen Menschen eine Art oberflächliches Denkmal zu setzen, vergas man bei aller Heldenverehrung mit einiger Zuverlässigkeit stets, die Frage nach dem Kern des Wesens des so Verehrten, dergestalt zu stellen, ob nicht auch genau jener Handlung ohne scheinbar eigenen Profit, ein individuelles Belohnungssystem innewohnt, welches den vermeidlichen Helden erst befähigt, seinen Dienst am Allgemeinwohl zu verrichten.

Keinesfalls die wohltätige Tat in Abrede stellend oder in die Nähe egoistischen Denkens rückend, gebe ich schlicht zu Bedenken, das sogar der reinste und viel zu selten auftretende Altruismus sein ganz eigenes psychologisches Motivationsprogramm mitbringt. Das Helfen an sich kann für dementsprechend emotional Determinierte ein Suchtpotential sondergleichen darstellen, welches des schlichte, von Gier angetriebene Streben nach dem "Mehr" nicht nur die ebenbürtige Stirn bieten kann, sondern einen so mächtigen Schatten erzeugt, der das Restglimmen der Raffgier leicht erstickt. Und das ist auch gut so. Denn schafft man es, die eingangs bemühte Masse, sich in einer so selbstlosen Form aufopfernd, komplett zu ignorieren, dass es derselben wie der pure Dienst an ihr erscheinen muss, ist man auf einem guten, emanzipatorischen Weg, dem eigenen Weg wohlgemerkt, sich eine Enklave des Ichs zu erschaffen.

Die Möglichkeiten der Freiheit, die sich nun seltsamerweise auftun, sind protegiert durch das staunende, aber auch weitestgehend desinteressierte Wohlwollen der Masse, da man als "Nicht Begriffener", plötzlich so unendlich viel mehr Raum zum Atmen erhält, dass es einen zunächst erschrecken mag.

Der Helfer ist in dieser sich kreativ ausweitenden Blase dem Künstler, der das Ansehen der Masse am Besten nicht nur weitgehend, sondern, um der Freiheit der Kunst und seiner selbst, in Gänze ausblendet, ganz nah. Näher, als man es vermuten könnte. Näher, als jeder der beiden es zugeben würde. Und dennoch schaffen beide auf ihre Weise etwas Relevantes, ja Gemeinnütziges, weitab der gängigen Verhaltensweisen, fernab des gesellschaftlich geförderten, per Dividende belohnten Raubtiersystems. Und im Kern, im Idealfall finden beide das, was so viele verloren glauben: Ihre Bestimmung, ihr Ich. Und ... die Wahrheit.